Kyō-Sō (1969)

Grunddaten
Japanisch 響層
Englisch Kyō-Sō
Opus 014
Jahr 1969
Kategorie Orchester/Concerto
Spieldauer 18 Min.
Instrumente 7 perc, orch
Noten
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Werkbeschreibung

Wolfgang Gayler, Sept. 1972. Quelle: Programmheft "NHK-Symphonie-Orchester Tokio", Berliner Festwochen 1972

Ishii spricht in seinen Kompositionen die Sprache der heutigen Avantgarde. Und wie nach einem bekannten Wort von Karlheinz Stockhausen heute der ganze Globus ein einziges Dorf ist, so ist es müßig zu fragen, was nun in den Werken Ishii's den Europäern entlehnt sei oder was die europäischen Komponisten an exotischen Anregungen in ihre Werke hineingenommen haben. Seit Debussy 1889 auf der Pariser Weltausstellung ein javanisches Gamelangorchester hörte, haben sich die Entdeckungen und Adaptionen fremder Musik ins Unüberschaubare gesteigert. Der Vorgang ist irreversibel: Die Komponisten rund um den Erdball sprechen heute ein Idiom, wenn sie sich nicht bewußt auf ein Stilreservat zurückziehen. (Daß eine starke Musikerpersönlichkeit auch einen persönlichen Stil ausprägt, bleibt davon unberührt.) "Kyō-sō für Schlagzeuggruppen und Orchester" (1969) könnte man als Klangstudien im weitesten Sinne bezeichnen, wobei Klang ein Ton, ein Akkord (Mehrklang) oder ein sehr bewegter Tonkomplex, der im einzelnen nicht mehr durchhörbar ist, sein kann. Die komplexen Klangflächen sind im präzisen Zusammenklang nicht determiniert, das Ereignis einer Aufführung ist exakt nicht wiederholbar, während die Elemente dieser Komplexe, die Beiträge der einzelnen Musiker, nach seriellen Gesetzen streng gebaut sind. Die Skala der formalen Gestaltung reicht vom Modellieren eines Einzeltones bis zum Gegeneinanderschleudern verschiedener Klangkomplexe, die emotionellen Werte reichen entsprechend von erwartungsvoller Stille bis zu äußerster Brutalität. Ishii ordnet seine Klänge mehr nach Tonhöhen als nach Instrumentenfamilien. Dies macht es dem Hörer leicht, entgegengesetzte dynamische Bewegung in mehreren Bereichen aufzunehmen, wenn z. B. ein Anschwellen in hohen Lagen mit dem Abschwellen eines tiefen Akkordes gekloppelt ist. Am erregendsten in diesem Werk sind wohl die Übergänge von einem Zustand in einen andersartigen, wenn etwa unter der ruhigen Oberfläche gehaltener Akkorde es unmerklich sich zu regen beginnt, dann, kaum wahrgenommen, die Bewegung sich rasch ausbreitet, bis das ganze Orchester von einem unüberschaubaren, fast chaotischen Flackern ergriffen ist; oder wenn am Ende des Werkes die wildeste Bewegung in ein allgemeines, gewaltiges Fis mündet.

"L.", März 1974. Quelle: Programmheft zum WDR-Konzert am 8.3.1974

"Kyō-Sō" für Schlagzeuggruppen und großes Orchester, eines der wichtigsten und am meisten gespielten Werke Ishiis, wurde 1968/69 geschrieben und am 7. Februar 1970 in Tokio unter Leitung von Tadashi Mori uraufgeführt. Formal folgt das einsätzig durchkomponierte Stück dem konzertanten Prinzip, wobei die Gegenüberstellung von Solo (Schlagzeuggruppen) und Orchester allerdings ganz unkonventionell gehandhabt wird. Zentrales Thema der Komposition ist jedoch – wie zuvor schon in "Hamon" und "Kyō-Ō" – die Erforschung von Phänomenen des Klangs und der Klangfarbe. Nicht nur versucht Ishii, die Palette der Orchesterfarben um neuartige oder raffinierter abschattierte Nuancen zu bereichern. Ihm geht es vorab um logische Zuordnung der einzelnen Klangfarbentypen, ihrer Form- und Ausdruckscharaktere, ihrer räumlichen Perspektiven. Konstitutive Elemente der Klangfarbenstruktur sind auch die mitunter scharfen dynamischen Kontraste und die diffuse Harmonik, die durch mikrotonale Schattierungen in den Streichern zusätzlich betont wird. Flächig ausgebreiteter, statischer Klang, fließend bewegte, oft subtil ziselierte Figuration und attackenartige Einzelakzente sind die bevorzugten Bewegungscharaktere des Stücks, die in stets wechselnden Instrumentalfärbungen gleichsam rasterartig übereinanderkopiert werden. Darauf bezieht sich wohl der Titel des Stücks: "Kyō-Sō" bedeutet soviel wie "Klangschichten".